Eine berühmte irische Harfenspielerin hat einmal, als sie auf die
Leichtigkeit ihres Spielens und ihre lebhafte Begleitungsweise
angesprochen wurde, gesagt: Musik hat drei Dimensionen - Melodie,
Rhythmus und Harmonie. An erster Stelle steht die Melodie - sie
enthält bereits alles: auch den Rhythmus und Harmonie. Man
muss sie nur spüren und herausholen. (Janet Harbison in
Schliersee 2006)
Darum werden bei dem folgenden Lied alle drei Dimensionen behandeln.
Quintenbegleitung
Bei den bisherigen Liedern hast Du gelernt, die Melodie mit der einen
Hand (der Melodiehand) zu spielen, während die andere Hand (die
Begleitungshand) in jedem Takt einen Ton der Melodie in einer tieferen
Oktave mitzupfte. Dies wollen wir am nächsten Stück
erweitern: Die Begleitungshand lernt einen einfachen Mehrklang zur
harmonischen Begleitung der Melodie.
Zunächst einmal solltest Du Dich mit dem einfachen
Quintengriff vertraut machen. Den kann man mit Mittelfinger und Daumen
greifen: Nimm die Harfe ins Visier und setze gleichzeitig Mittelfinger
und Daumen auf. Wohin? Egal - hauptsache, zwischen diesen beiden
Fingern bleiben exakt drei Saiten frei. Fertig ist die Quinte - wenn Du
beide Finger gleichzeitig abspielst, hörst Du einen harmonischen
Klang. (Einwurf Fionn:) Nachstehend der Klang und das Notenbild für die Quinten auf Es - As - B - Es:
(Ende Einwurf Fionn)
Im Notenbild ist die Quinte leicht erkennbar, durch ihre schöne,
regelmässige Form - und auch für unsere Klangempfindung
hört sich die Quinte einfach gut an, und somit eignet sich dieser
Griff prima zur Melodiebegleitung (Dazu muss man nur in jedem Takt
der Melodie herausfinden, um welchen Ton herum die Melodie gerade
"gebaut" ist, und kann eine oder zwei Oktaven tiefer die Quinte auf
diesem Ton spielen. So ergibt sich die Harmonie aus der Melodie...)
Die eine Möglichkeit wäre jetzt, bis zur Vergasung Quinten
von allen Saiten aus in allen Tonarten rauf und runter zu üben. Da
das langweilig ist, kannst Du auch die beiden ersten Lieder, mit denen
wir angefangen haben und die Du bereits kannst, nun mit
Quintenbegleitung üben - indem Du in der Bass-Begleitung, anstatt
pro Takt eine Saite mit den Zeigefinger zu spielen, diese mit dem
Mittelfinger greifst und gleichzeitig mit dem Daumen den fünften
Ton darüber spielst.
Probiere den Quintengriff also in beiden Liedern aus! Sobald Du ihn
automatisch greifen kannst, ohne mit dem Daumen den fünften Ton
suchen zu müssen, hast Du gewonnen: Dann können wir uns an
das nächste Lied machen, das quintenmässig schon etwas
anspruchsvoller ist.
Der Vorteil, die Quinte automatisch greifen zu können, liegt auf
der Hand: Wenn die Hand beim Denkbefehl "Grosshirn an Kleinhirn:
Quinte greifen!" mit dem Mittelfinger den Grundton ansteuert, landet
der Daumen aus Gewohnheit gleich auf dem fünften Ton darüber
und man braucht nicht nachzudenken, welcher Ton das denn eigentlich
ist.
Rhythmus einer Polska
Nun geht es mit dem nächsten Lied los! Dieses ist ein schwedischer
Tanz, eine Polska. Da wir Tänze auch im richtigen Rhythmus spielen
wollen, lohnt sich ein Blick auf den charakteristischen Rhythmus der
Polska.
Wer schon einmal schwedischen Volksmusikern beim Polska-Spielen
zugesehen hat, der wird wissen, dass sie immer im Rhythmus der
Musik mit dem Fuss klopfen: eins... drei eins... drei eins... drei
eins... drei
Versuche das auch mal: Wir haben einen 3/4-Takt, zähle also
mehrfach hintereinander bis drei und klopfe immer auf Schlag eins und
auf Schlag drei mit dem Fuss:
Als nächstes probiere diesen Rhythmus durch das Greifen derselben Quinte.
Wenn Du das Gefühl hast, den Rhythmus verinnerlicht zu haben, dann fangen wir mit dem Lied an.
Drittes Lied: "Giftasvisan"
Höre zunächst das Lied, und klopfe dabei den Rhythmus mit dem Fuß mit:
Im Lied kommen drei verschiedene Quinten vor: auf Es, auf As und auf B.
Übe zunächst, diese drei automatisch greifen zu können.
Dann probiere, jede Quinte zweimal hintereinander zu spielen. (siehe Beispiel oben)
Höre Dir nun den Teil A der Melodie und dessen Wiederholung an und
klopfe sie mit dem Fuß mit - solange, bis Du die Melodie im Gedächtnis hast:
Als nächstes probiere mit der linken Hand die Quinten dazu: In
jedem Takt kommt auf Schlag eins und auf Schlag drei eine Quinte: In
den beiden ersten Takten beide Male auf Es, in Takt drei auf As und im
vierten Takt (Achtung) auf B und Es.
Bild: Es - Es | Es - Es | As - As | B - Es
Probiere zunächst die Abfolge der Griffe, um den Wechsel zwischen
Es auf As, zwischen As auf B und zwischen B auf Es hinzubekommen.
Danach höre wieder mehrere Male hintereinander die Aufnahme von
Melodieteil A und klopfe entweder den Rhythmus mit dem Fuss oder
spiele die Quintenbegleitung.
Wenn Du die Quintenbegleitung hinbekommst, schreiten wir zur Melodie.
Da Du sie beim üben der Quintenbegleitung so häufig
gehört hast, wird sie Dir nun leicht fallen:
Am Besten ist es, die Melodie nicht auf einmal komplett durchzuspielen,
sondern zu zerlegen: Probiere erst die ersten beiden Takte zusammen
(anhand der Noten und/oder der Melodie in Deinem Gedächtnis).
Vergiss dabei nicht, mit dem Fuss den Rhythmus zu klopfen
oder mit der linken Hand die Quinte auf Es zu greifen.
Wenn Du die ersten beiden Takte kannst, probiere die Takte drei und vier, und erst danach alle vier Takte zusammen.
Abschliessend kannst Du Dir immer wieder die Aufnahme von Teil A anhören und dazu abwechselnd
- den Rhythmus mit dem Fuss klopfen
- die Quintenbegleitung spielen
- die Melodie mit der Melodiehand spielen
- Melodie spielen + Fuss klopfen
- Melodie spielen + Quintenbegleitung spielen
Mit Teil B machen wir es genauso:
Erste Hälfte von Teil B: ...
Zweite Hälfte von Teil B: ...
4. Begleitung durch die Oktavenquinte
Eine weitere Möglichkeit, mit der man dieses Lied sehr schön
harmonisieren kann, ist die Oktavenquinte. Wieder etwas
anspruchsvoller, aber effektiv, da dabei die Bass-Hand mit DREI Fingern
zugreift: dem Ringfinger auf dem Grundton im Bass, dem Mittelfinger auf
der Quinte darüber und dem Daumen auf der Oktave. Es klingt
schwieriger, als es ist: Denn anstatt alle drei Finger gleichzeitig
abzuspielen, lässt sich dieser Akkord auch zerlegen, indem
man pro Takt erst den Ringfinger (auf Schlag eins) abspielt, und danach
die beiden anderen (auf Schlag drei). Damit hast Du gleichzeitig die
Möglichkeit, den Polska-Rhythmus mit einem einfachen Griff zu
bestreiten, nämlich dem Oktavquinten-Griff.
Das funktioniert sehr leicht in den Takten, die nur einen Akkord
enthalten (Takte 1-3, Takte 5-7, Takte 9-11). In den Takten, wo auf
Schlag eins und Schlag drei verschiedene Akkorde kommen (Takt 4, Takt
8, Takt 12), ist es einfacher, nur Quinten zu spielen.
Hier das ganze Stück mit der Begleitung durch die Oktavenquinte:
5. Liedtext
Zu guter Letzt für die, die gerne das Lied auf schwedisch mitsingen möchten, der Text.
Am Einfachsten ist es, zum Gesang nur die rhythmische Quintenbegleitung
zu spielen - beispielsweise mit beiden Händen gleichzeitig, um eine oder zwei Oktaven versetzt.
Dazu solltest Du das automatische Quintengreifen auch mit der anderen Hand üben, mit der Du bisher die Melodie gespielt hast.
Att gifta sig är ingen brȧdska,
Heiraten ist kein Zuckerschlecken,
oro har man natt och dag.
Man hat Tag und Nacht Sorgen.
Dräng och piga skall man kosta,
Knecht und Magd müssen verköstigt werden,
hund och katt skall hava mat.
Hund und Katze müssen Futter haben.
Tar man riker blir man girig,
Wenn man reich ist, wird man gierig,
tar man fattig felar mat,
Wenn man arm ist, hat man kein Essen,
tar man gammal sȧ blir man gnarrig
Wenn man alt ist, wird man mürrisch
tar man ung sȧ fȧr man barn.
Wenn man jung ist, bekommt man Kinder.
*) Anmerkung zu Quinten:
Es nicht ganz egal, wo Du Deine Quinte aufsetzt. Ist Deine Harfe in
Es-Dur gestimmt, probiere mal den Quintengriff vom "d" aus: Autsch!! Du
hast die einzige "schräge" Möglichkeit erwischt, wo der
Quintengriff einen Tritonus ( den "Teufel der Musik" ) erzeugt. Bei
C-Dur-Harfen ist das natürlich die "Quinte", die auf dem "h"
basiert.
Aber immerhin: mit 6 aus 7 ist die Chance, auf unserer Harfe eine "gute" Quinte zu erwischen, doch recht fair :-) ( Fionn )