Prosa: Autofahren

Freckenhorst, im Oktober 2016

Liebe Grüne, eins vorab: ich habe euch schon mal meine Stimme gegeben. Vielleicht ein Grund für euch, mir zuzuhören. Es geht ums Autofahren.

Als ich anfing mit dem Autofahren gab es euch Grüne noch gar nicht. Greenpeace schon, und die hatten meine Bewunderung (und meinen Mitgliedsbeitrag bis heute). Die Autos waren eckig, groß und schwer und schluckten viel Benzin. Trotzdem machte ich meinen Führerschein und fuhr den großen Granada von Papa. Und ich fühlte mich wohl dabei.

Dann seid ihr gekommen, liebe Grüne, und habt den Finger gehoben: verbleites Benzin, geht ja gar nicht! Wenn Du nicht bald damit aufhörst, stirbt deine Umwelt.

Das leuchtete mir ein und ich tauschte meinen eigenen kleinen Fiesta gegen einen US-Import-Fiesta, der Bleifrei fraß. Zwar noch ohne Kat (hatten sie ausgebaut), aber immerhin. Jetzt musste ich zum Tanken allerdings in die nächste Großstadt fahren, aber ich war stolz, wieder euer Freund sein zu können.

Schön, sagtet ihr, aber ohne Kat macht das Ganze keinen Sinn - wenn Du nicht bald mit Kat herumfährst, stirbt die Umwelt in deinem Land.

Auch das leuchtete mir ein und der Mitsubishi Lancer, den ich mir (neu!!) kaufte, hatte einen Katalysator. Zwar machte das die erste Reise durch Irland nicht gerade einfach, denn da gab es nur sieben bleifrei-Tankstellen auf der ganzen Insel, aber das nahm ich hin, weil ich wieder euer Freund sein konnte. Und ich genoß das Fahren.

Das ging so lange gut, bis ihr kamt und den Finger hobt: Dein Auto verbraucht zu viel Sprit und produziert zu viel Kohlendioxid! Wenn Du nicht bald ein sparsameres Auto fährst, stirbt die Umwelt in Deutschland.

Da dachte ich ein Weilchen nach; weil ich aber inzwischen mit größerer Familie und ab und zu mit Pferdehänger einen großen, bleifrei fressenden und mit Kat versehenen Pajero fuhr, leuchtete mir auch das ein. Zwar musste ich mich dazu von Familie und Pferden trennen, aber ich suchte mir das sparsamste Auto aus, das meinen Platzbedürfnissen entsprach. Der brave Logan verbrauchte nur 5 Liter Diesel auf 100 km und trug mich brav zigtausend Kilometer durch Irland. Er war im Vergleich zum Pajero eher spartanisch ausgerüstet, aber ich war stolz, wieder euer Freund sein zu können.

Das ging so lange gut, bis ihr entdecktet, dass Diesel-Fahrzeuge Stickoxide produzieren. Flugs regtet ihr Fahrverbotszonen an, hobt den Zeigefinger und spracht: wenn Du nicht bald vom Autofahren mit dem Diesel ablässt, stirbt die ganze Welt!

Das will natürlich niemand, und so fahre ich demnächst also ein reinrassiges, teures E-Auto, das mit selbstproduziertem Strom der teuren Photovoltaik-Anlage auf dem Hausdach gespeist wird. Zwar geht da jetzt meine Harfe nicht mehr rein, aber im Falle des Falles (und wenn ich mal mehr als 300 km am Stück fahren muß) leihe ich mir den Mercedes meiner Frau. Jedenfalls bin ich stolz, wieder euer Freund sein zu können, fahre Auto und habe Spaß dabei.

Jetzt warte ich darauf, was euch einfällt, um mir - in 4 Jahren oder so - das Autofahren wieder vermiesen zu können. Ich sehe zwar noch nicht, was das sein könnte, bin aber zuversichtlich: euch fällt was ein!

Dann, liebe Grüne, werde ich euch bestimmt nicht mehr wählen.

Nachsatz Dezember 2017:

Es hat länger gedauert, aber jetzt ist er da, der Ioniq ...