Grundbegriffe der Astronomie
- eine Folge kleiner (P)Artikel
6. Schwestern und Brüder der Erde
5. Knoten und Finsternisse
Ich greife einmal weit zurück auf das, was ich im ersten Teil dieser Reihe gesagt habe. Wenn ihr
Euch den gestirnten Himmel einmal über längere Zeit - sagen
wir, zwei Jahre oder so - regelmäßig anseht, so werden
euch neben Sonne und Mondin ein paar Sterne auffallen, die sich -
relativ zu den meisten anderen Sternen - nicht ruhig verhalten,
sondern vor diesem Himmelshintergrund wandern. Viele sind es nicht,
und die mit bloßem Auge sichtbaren sind seit alters her
bekannt. Heute nennen wir sie mit ihren lateinischen Namen - Merkur,
Venus, Mars, Jupiter und Saturn. Das hat historische Gründe und
verknüpft gleich eine bestimmte Vorstellung mit jedem Planeten:
Merkur ist der flinke Gott des Handels, Venus die strahlende
Göttin der Liebe, Mars der rote Kriegsgott, Jupiter der alles überstrahlende
Göttervater und Saturn der Fruchtbarkeits- und Saatgott. Die
anderen Planeten wurden erst relativ spät und mit Hilfe von
Teleskopen entdeckt und bekamen - einfallsreich aber auch - ebenfalls
Namen römischer Gottheiten: Uranus, Neptun und Pluto ( nein,
nicht nach dem Hund von Mickey Mouse benannt!! ). Im Folgenden
will ich euren Blick etwas näher an auf diese Planeten richten.
6.1 Karussell
Schon die ersten Beobachtungen zeigten, daß die Planeten sich nicht wahllos durch die Gegend
bewegen, sondern ziemlich regelmäßig ihre Bahn ziehen.
Obendrein laufen sie alle fast den selben Weg entlang, wenn sie auch
unterschiedliches Temperament entwickeln, sprich verschieden schnell
sind. Dieser Weg ist just der, den die Sonne auf ihrem scheinbaren
Umlauf um die Erde einschlägt - die Ekliptik (siehe 2.2
). Allerdings ziehen die Planeten nicht einfach so - von Westen nach
Osten - ihre Bahn am Himmel; nein, bisweilen werden sie langsamer,
bleiben stehen, kehren ihre Laufrichtung für eine Weile um und
laufen der Sonne entgegen, um wiederum stehenzubleiben und die alte
Richtung mit erhöhter Geschwindigkeit wieder aufzunehmen. Die
beiden Planeten Merkur und Venus benehmen sich noch viel seltsamer:
sie kommen gar nicht so recht von der Sonne weg, schauen einmal
westlich, dann östlich an ihr vorbei. Dieser merkwürdige
Planetenlauf bereitete den frühen Astronomen reichliches
Kopfzerbrechen, wollten sie den Lauf vorhersagen. Und das war
wichtig, hing doch nach ihren Vorstellungen von der Konstellation der
Planeten das Geschick von König und Volk ab. Der Grund für
diese Schwierigkeiten ist heute im nachhinein leicht einzusehen. Es
waren zwei Dogmen, die die Sache kompliziert machten: zum einen
glaubten die Astronomen, die Planeten bewegten sich - wie der Mond -
um die Erde, zum zweiten galt nur die kreisförmige, gleichmäßige
Bewegung als den Himmelskörpern angemessen. Folglich versuchten
die Gelehrten, aus Kreisen und darauf gestapelten Kreisen eine Bahn
zu konstruieren, die die Bewegung eines Planeten wiedergab; es
entstand die Epizykeltheorie der Planetenbahnen. (s. Fig. 6.1
):
Zu sehen ist die im Zentrum gedachte
Erde und die Kreisbahn eines Planeten. Der Planet bewegt sich
allerdings in einem Extrakreis, der gleichsam auf dem Umlaufkreis
abrollt. Die Bewegung führt von Punkt A gegen den Uhrzeigersinn
bis zu Punkt E. Verbindet man die sich so ergebenden Punkt, kommt
eine Schleife heraus; von der Erde aus gesehen scheint der Planet
zwischen Punkt B und D zeitweilig rückwärts ( im Uhrzeigersinn ) zu laufen.
Durch geschickte Wahl der Kreise, der Umlaufgeschwindigkeiten und durch das stapeln von weiteren
Epi-Epi-Zyklen schafften es die Astronomen, einigermaßen genaue
Vorhersagen über den Weg der Planeten zu erhalten. Aber eben nur
einigermaßen genaue.
6.2 Innen überholen erlaubt
(Theoretisch) besser wurde die Berechnung, als mit Kopernikus die Idee des heliozentrischen Sytems
wieder aufkam. Nun erklärte sich die Rückläufigkeit
der Planeten zwanglos: da die weiter außen befindlichen
Planeten langsamer sind als die Erde, überholt diese ihre
Geschwister regelmäßig "auf der Innenbahn".
Während dieser Zeit sieht es so aus, als laufe der überholte
Planet vor dem Sternenhintergrund rückwärts. ( s. Fig. 6.2
). Leider beging Kopernikus zwei Hauptfehler: er hielt an der gleich-
und kreisförmigen Bewegung fest und stellte nicht die Sonne,
sondern den Mittelpunkt der Erdbahn ins Zentrum des Systems. Erst
Johannes Kepler schaffte es durch das Konzept der
Ellipsenbahnen und der wechselnden Bahngeschwindigkeiten genaue
Berechnungen durchzuführen.
6.3 Wandel"Sterne"
Auch wenn die Planeten als
"Wandelsterne" bezeichnet wurden, war doch bald klar, daß
sie etwas anderes als die normalen Sterne sein mußten: ihr
Licht leuchtete ruhiger, gleichmäßiger und farbiger als
das Sternenlicht. Woher sie das Licht nahmen, wurde erst ganz klar,
als Galileo Galilei sein Teleskop auf die Venus richtete und
sah, daß sie die gleichen Beleuchtungsphasen wie der Mond - von
Neuvenus über Halb- zu Vollvenus und zurück - entwickelte:
die Planeten reflektieren einen Teil des Licht, das sie von der Sonne
erhalten, genauso wie es der Mond tut. ( Und die Erde natürlich
auch! Im Schein dieses Erdlichtes könnt ihr kurz nach Neumond
neben der hellen Sichel den Rest des Mondes im aschgrauen Licht
erkennen. )
6.4 Tatsächlich Geschwister?
Da klar wurde, daß die Planeten wie die Erde um die Sonne kreisen, entwickelten sich bald
Überlegungen, wie diese Planeten wohl gestaltet sind und wie sie
aussehen. Teleskopbeobachtungen und Berechnungen der Dichte zeigten
bald einen deutlichen Unterschied: die Inneren Planeten
(Merkur, Venus und Mars) sind erdähnliche, feste Körper;
die äußeren Planeten (Jupiter bis Neptun) sind
riesige Gasbälle. Genaueres wissen wir erst durch einige
erfolgreiche Sondenflüge
( Mariner 10 und MESSENGER für Merkur,
Magellan und Venus Express für Venus,
Viking, Mars Global Surveyor, Mars Express, Mars Oddyssey, Mars Reconnaissance Orbiter für Mars,
Voyager und Galileo für Jupiter,
Voyager2 und Cassini für Saturn,
Voyager2 f&uum;r Uranus und Neptun).
Da eine genauere Beschreibung auch nur des
Jupiter und seiner Trabanten diese Serie jahrelang weiterführen
würde, hier nur eine kurze Zusammenfassung:
Merkur ist mit 4878 km Durchmesser nur wenig größer als unser Mond und ihm
äußerlich ziemlich ähnlich - keine Atmosphäre, viele Krater. Wegen der Nähe zur Sonne
ist er reichlich heiß. Seit 2011 umkreist MESSENGER den Planeten und hat u.a. eine komplette
Kartographierung durchgeführt.
Venus, fast genauso groß wie die Erde, verbirgt sich hinter dichten Wolken und galt lange als
Kandidat für ausßerirdische Lebensformen. Die Radarsonde Magellan und einige russische Landekapseln
zeigten allerdings, daß es auf Venus unter einer dichten Kohlendioxid-"Luft"hülle
höllisch heiß ist und flüssiges Wasser fehlt.
Mars hat etwa den halben Erddurchmesser, eine dünne Atmosphäre, die tiefsten
bekannten Gräben des Sonnensystems und dessen größte
Vulkane sowie Polkappen aus Eis. Die Landesonden der Viking-Mission fanden in den 70er-Jahren aber keine
Spuren von Leben. Die inzwischen 5 weiteren erfolgreichen Landesonden der USA
( "Mars Pathfinder" am 04.07.1997,
Spirit und Opportunity 2004,
Phoenix 2008 und
Curiosity 2012
haben aber inzwischen belegt, daß Mars früher eine Umwelt besaß, in der Leben möglich war.
Den zahlreichen sowjetischen bzw. russischen Versuchen, Mars zu erreichen, war hingegen nie voller Erfolg beschieden.
Jupiter ist der erste Gasriese, besteht hauptsächlich aus Wasserstoff und Helium und
hat mehr als den zehnfachen Durchmesser der Erde. Die ersten seiner
mehr als 14 Monde entdeckte schon Galilei. Auf einem dieser Monde -
Io - gibt es sogar (Schwefel-)Vulkane. Berühmt ist Jupiter durch
seinen großen roten Fleck, einen Wirbelsturm, der
größer als unsere Erde ist und seit Jahrhunderten fast unverändert
tobt. Neueste In-Situ-Untersuchungen nahm die Sonde Galileo
zwischen 1995 und dem 19.09.2003 vor.
Saturn ist knapp zehnmal so groß wie die Erde und ebenfalls ein Gasriese mit zahlreichen
Monden. Seine stark wechselnde Helligkeit verdankt er einem umfangreichen Ringsystem, das von den
Voyager-Sonden
in herrlichen Bildern fotografiert wurde. Seit Juli 2004 ist mit der
europäisch-amerikanischen Sonde "Cassini" ein neues Mitglied in
die Familie der Saturn-Monde aufgenommen worden und sendet seither neue
Aufnahmen.
Uranus und Neptun sind die letzten Gasriesen und beide etwa vier mal so groß wie die
Erde. Auch sie besitzen etliche Monde und wurden 1986/1989 von Voyager 2 besucht.
Pluto galt bis 2006 als der
äußerste bekannte Planet und kleiner als unser Mond. Zudem besteht er nicht
aus Gas, sondern wie die inneren Planeten aus fester Materie. Sein größter
Mond, Charon, ist fast halb so groß wie er- beide sind sozusagen ein Doppelplanet. Zur Zeit
ist die Sonde New Horizons unterwegs
zu Pluto und soll ihn 2015 erreichen. Dann wird es hochaufgelöste Aufnahmen vom ihm geben.
Nehmt euch einmal Zeit und ein gutes Buch zur Hand und schaut euch an, welche fantastischen Bilder die
Raumsonden von unseren Geschwistern im All gesendet haben. Und geht
in einer klaren Nacht aus Land und seht sie euch mit eigenen Augen
und Gedanken an. Lohnen tut beides ...
Die letzte Folge dieser Reihe trägt den Namen Fackeln in der Nacht
Zurück zur Folge 5 - von Knoten, Finsternissen und Tiden
Zurück zur Astronomie-Hauptseite
Literatur:
Reiner Klingholz: Marathon im All
Westermann Verlag
ISBN 3-07-509233-9
Bruno Stanke: Planeten-Lexikon
Hallwag Verlag
ISBN 3-444-10239-9
Weblinks:
www.dkrz.de/mirror/tnp/nineplanets.html
www.ast.cam.ac.uk/Pictures/planets
www.nasa.gov