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Grundbegriffe der Astronomie

- eine Folge kleiner (P)Artikel

5. Von Knoten, Finsternissen und Tiden

5. Knoten und Finsternisse

Nach den Ausführungen in der letzten Folge ist nunmehr klar, warum der Mond die gute alte Erde so brav umkreist. Auch die wechselnde Gestalt ist jetzt klar. Was allerdings noch fehlt - und hier nachgereicht wird - sind die Wechselspiele zwischen Erde, Mond und Sonne.

5.1 Das galaktische Trio

In der Folge 3 hatte ich die Ekliptik als eine der grundlegenden Bezugsgrößen der Astronomie eingeführt, also die Ebene der Erdbahn um die Sonne. Wenn wir nun die anderen Planeten und unseren Mond betrachten, fällt etwas Merkwürdiges auf: auch ihre Umlaufebenen sind fast mit der der Erde identisch. ( Daß sie alle, als Folge der Zentralbewegung um die Sonne, durch die Sonne gehen, versteht sich von selbst. ) Das ist nicht unmittelbar einsichtig; genauso gut - und himmelsmechanisch denkbar - wären Bahnebenen möglich, die um 90° gegen die Ekliptik versetzt sind. Die Bahnen der Planeten bilden aber nur sehr kleine Winkel in Bezug auf die Erdbahn. Was heißt das nun für das Trio Sonne - Erde - Mond?


Sehen wir dazu die Abbildung 8 an: hier ist schematisch die Erdbahn um die Sonne und die Mondbahn um die Erde gezeichnet - von oben und so, als bewege sich die Erde nicht. Sofort fällt auf: während seines Umlaufes um die Erde gerät der Mond ( zu Neumond, Pos. 1 ) zwischen Sonne und Erde. Folglich müßte er einen Teil des Sonnenlichtes abschirmen, es müßte die Sonne zu Neumond dunkler werden. Ebenso befindet sich der Mond in Pos. 2 direkt hinter der Erde, die Erde müßte also einen Schatten auf den Mond werfen und ihn verdunkeln. Warum gibt es diese Finsternisse aber nur sehr selten?

5.2 Scheinbare Durchmesser

Zunächst einmal die Frage: kann der Mond - von der Größe her - sie Sonne überhaupt verdecken? Wenn wir mit gebotener Vorsicht die Sonne des Abends knapp vor dem Untergehen anschauen und damit die Vollmondscheibe vergleichen, sehen beide etwa gleich groß aus. Eine Berechnung ergibt folgendes:

Die Sonne hat einen Durchmesser von 1.392.535 km und ist im Mittel 149,6 Millionen Kilometer von der Erde entfernt. Daraus ergibt sich ein scheinbarer Durchmesser von 32 Bogenminuten ( ´ ), also etwas mehr als ein halbes Grad.

Der Mond hat einen Durchmesser von 3.476 km und ist im Mittel 384 392 km von der Erde entfernt; sein scheinbarer Durchmesser beträgt daher 31´ 5 ´´ . Beide scheinbaren Durchmesser sind annähernd gleich; da scheinbarer Durchmesser von Sonne und Mond aufgrund der elliptischen Umlaufbahnen und der dadurch wechselnden Entfernungen leicht schwanken, könnte der Mond also die Sonne verdecken.

Vom Mond aus gesehen hat die Erde einen scheinbaren Durchmesser von ca. 2°5´; das reicht allemal aus, um vom Mond aus gesehen die Sonne zu verdecken.

5.3 Die schiefe Mondbahn

Die Mondbahn liegt eben nur fast in der Erdbahn; sie ist gegen die Ekliptik um etwa 5° geneigt. Somit gibt es zwei Punkte, in denen sich Erdbahnebene und Mondbahnebene schneiden ( vgl. Folge 3, Abschnitt 3.1 ); diese Punkte heißen Knoten. Der Knoten, in dem der Mond von der Süd- auf die Nordhalbkugel der Ekliptik wechselt, heißt aufsteigender Knoten, der andere absteigender Knoten. Nur dann, wenn der Mond in der Nähe der Knoten zwischen Sonne und Erde gerät, kann er - da die Sonne jadefinitionsgemäß in der Ekliptik liegt - die Sonne verdecken.

Wenn es also nur zwei Knoten gibt, sollte es theoretisch auch nur zwei Sonnen- und zwei Mondfinsternisse pro Jahr geben. Daß das nicht so ist, hängt mit ein paar Eigenheiten des Sonnensystems zusammen:


Abbildung 9 zeigt den schematischen Schattenwurf des Mondes auf die Erde; der Schatten ist ein Kegel. Der maximale Durchmesser des Schattens auf der Erde beträgt 200 km. Selbst wenn es eine Sonnenfinsternis gibt, ist sie immer nur in einem kleinen Streifen auf der Erde zu sehen. Bisweilen ist der Mond auch zu weit von der Erde weg, um die Sonne total zu verdecken; dann gibt es ringförmige Finsternisse. Steht der Mond nicht genau genug in einem seiner Knoten, verdeckt der die Sonne nur zum Teil, und es gibt partielle Finsternisse. Und oft genug schrammt der Mondschatten so an der Erde vorbei, daß es gar keine Finsternisse gibt. Die bisher ( Juli 2000 ) zuletzt von Deutschland aus beobachtbare Sonnenfinsternis war am 11. August 1999 und eine totale Sonnenfinsternis. ( Leider auch eine total verregnete - zumindest in Stuttgart ).

Mit Mondfinsternissen sieht es schon besser aus: da der Erdschatten wesentlich größer als der Mond ist, sind sie recht häufig.

Erschwerend kommt hinzu, daß die Mondbahn nicht konstant bleibt; die Lage der Mondknoten verschiebt sich somit. Da außerdem weder Mond- noch Erdbahn kreisförmig sind, variieren die Entfernungen von Sonne-Erde und Erde-Mond ständig, so daß es kein einfaches Schema für die Finsternisse gibt. Am besten ist, ihr kauft euch einen astronomischen Jahresführer und lest die Finsternisse dort nach.

5.4 Tiden


Abbildung 10 zeigt einen weiteren Effekt des Mondes auf die Erde - die Tiden oder Flut und Ebbe. Wie in der letzten Folge dargelegt, hält die Anziehungskraft - die Gravitation - der Erde den Mond in seiner Bahn; umgekehrt erstreckt sich die Anziehungskraft des Mondes aber auch bis zur Erde. ( Um genauer zu sein: Mond und Erde bewegen sich in Kepler-Ellipsen um ihren gemeinsamen Massenschwerpunkt, der allerdings noch innerhalb der Erde liegt. ) Da die Anziehungskraft quadratisch mit der Entfernung abnimmt, wirkt sie auf Stellen der Erde, die direkt unter dem Mond liegen, stärker als auf andere Gebiete. Da andererseits Wasser - das die Erdkugel zu 2/3 bedeckt - schon dem leisesten "Gefälle" folgt, ergibt sich, daß die Meere eine Art "Wasserberg" direkt unterhalb des Mondes bilden. Unter diesem Berg dreht sich die Erde hindurch - der Wasserspiegel steigt und sinkt dementsprechend, es entstehen eben Ebbe und Flut. Da auf der mondabgewandten Seite die Anziehungskraft geringer ist, entsteht dort ebenfalls ein Flutberg. Somit sollte es zweimal am Tag Flut und ebenso oft Ebbe geben. Da der Mond sich aber um die Erde bewegt, verspäten sich die aufeinander folgenden Fluten um ca. eine halbe Stunde. Dazu kommt noch, daß die Reibung des Flutberges an der Erde ( die im übrigen die Erdrotation verlangsamt ) und örtliche Gegebenheiten die Gezeiten beeinflussen.

Und wie wirkt sich die Sonne auf Ebbe und Flut aus? Nun, zwar ist die Gravitationswirkung der Sonne weitaus größer als die des Mondes, aber der Unterschied an der dem Gestirn zugewandten Seite ist wesentlich kleiner. Der von der Sonne erzeugte Flutberg ist erheblich geringer als der des Mondes. Trotzdem merkt man den Effekt: stehen Sonne, Erde und Mond in einer Linie ( Voll- oder Neumond ), so verstärken sich die beiden Flutberge - es gibt eine Springflut. Zu Halbmond hingegen schwächt die Sonnenflut die Mondflut, wie bekommen eine Nippflut.

Die nächste Folge mit dem Titel Planeten - innen und außen befaßt sich mit den Schwestern und Brüdern der Erde.

Literatur:

- Patrick Moore: Der Mond, Verlag Herder ISBN 3-451-19459-7

- DTV-Atlas zur Astronomie, Ausgabe 1973, ISBN 3-423-03006-2

Zur nächsten Folge: Planeten - innen und außen.
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