Grundbegriffe der Astronomie
- eine Folge kleiner (P)Artikel
Vorwort
Die Gestirne begleiten uns Tag und
Nacht. Etliche Menschen interessieren sich gar nicht für sie,
andere sehen in ihnen nur allgemeinen Gesetzen unterworfene
Himmelskörper; für viele Heiden sind sie
göttlicher
Natur. Der blasse, schmale Streifen sichelförmiger Gestalt dort
am Horizont ist nicht einfach ein (ziemlich großes) Stück
Materie, sie ist die Göttin. (Auch ich werde häufig
seltsam angeguckt, wenn ich mich morgens an der Bushaltestelle vor
ihr verbeuge).
Allein, es ist recht praktisch, auch
die Theorie zu kennen. Es soll jedenfalls Heiden geben, die ganz
fasziniert vom Vollmond waren, wenn er im Dezember so hell schien.
Und der Spruch, daß es kalt wird, weil der zunehmende Mond auf
dem Rücken liegt, ist auch nicht neu. Kurz, auch wenn in allem,
was uns umgibt, etwas Göttliches ist, so schadet es nie, sich
mit dem wissenschaftlichen Aspekt zu beschäftigen - wohl
wissend, daß auch die Wissenschaft nur eine Art Glauben ist.
Ich versuche in einer lockeren Folge von Artikeln, all denen unter uns
ein Bild von der astronomischen Sicht der Himmelskörper
zu vermitteln, die sich bisher noch nie mit dieser faszinierenden
Sparte der Naturwissenschaften beschäftigten. Für alle
anderen mögen sie Quelle neuer Inspiration sein. Und wenn auch
nur einer von euch wegen dieser Schreiben des Abends zum Himmel
emporblickt, sich die Planeten, die Mondin und die Sterne anguckt und
alles hier auf Erden relativiert findet, hat sich die Arbeit gelohnt.
1. Eine kurze Geschichte der Astronomie
Seit jeher hat der Anblick des nächtlichen Himmels die Menschen beeindruckt. Auch heute noch
kann keiner, der in einer sternklaren Nacht, weitab vom blendenden
Licht der Zivilisation, das gestirnte Firmament studiert, sich des
tiefen Eindruckes erwehren, den diese Lichter machen.
Der offenbar angeborene Ordnungssinn ließ die Menschen in den zahllosen Sternen bald Gestalten
erkennen. Je nach ihrem Umfeld formten sich z.B. die Sterne des Orion
zu einem Jäger, der am Himmel umherstreift, oder zu einem
Schmetterling, der über den Wassern der Tropen einherfliegt. Was
aber alle, die den Himmel studierten, am meisten beeindruckte, waren
Sterne, die sich nicht wie fast alle anderen an ihren angestammten
Platz hielten.
Während diese - heute Fixsterne genannten Lichter - ihre Position relativ zueinander nie änderten,
zogen die Wandelsterne oder Planeten im Laufe der Jahre ihre
mehr oder minder gemächliche Bahn vor dem Hintergrund der
Fixsterne. Zuweilen blieben sie sogar stehen, liefen ein Stück
zurück, um dann abermals stehenzubleiben und mit neuer Kraft die
alte Bahn fortzusetzen. Das Studium dieser Planetenbewegungen führte
schließlich dazu, daß Theorien und Modelle gebildet
wurden, mit denen sich der Lauf der Planeten voraussagen ließ.
Das war wichtig, denn die wandelnden Sterne waren nicht einfach nur Lichter, sie waren Götter, von
deren Position und Richtung Wohl und Wehe der Menschen abhing. Noch
bis ins Jahr 1781 n.Chr. waren nur 7 Wandelsterne bekannt; nach der
Geschwindigkeit, mit der sie sich über den Himmel bewegten,
geordnet waren es Mond, Merkur, Venus, Sonne, Mars, Jupiter
und Saturn. (Die heute gebräuchlichen Namen sind - mit
Ausnahme des Mondes und der Sonne - Namen römischer Götter.
Im Französischen heißt der Mond La lune - in
Anlehnung an die Göttin Luna). Den abnehmenden Geschwindigkeiten
ordnete man zunehmende Entfernungen zu, und da die Fixsterne sich
überhaupt nicht (jedenfalls relativ zueinander) bewegten, waren
sie am weitesten von der Erde entfernt.
Die Planetentheorie, die so entstand
und sich - hin und wieder verfeinert - über Jahrtausende hielt,
lautete etwa wie folgt:
Im Zentrum des Alls (= all dessen, was geschaffen wurde) steht die Erde. Um sie herum laufen in
Kreisbahnen, die die Erde zum Mittelpunkt haben, die Planeten. Die
Bahnen dieser Planeten liegen fast in einer gemeinsamen Ebene, der
Ekliptik. Jenseits der Planetenbahnen spannt sich die
Sphäre der Sterne.
Bemerkenswert ist, daß trotz aller Göttlichkeit der Planeten ihnen eine Bahn und eine
Entfernung zugewiesen wurde - sie wurden also wie "Gegenstände"
behandelt. Offenbar unterschieden die Menschen damals bereits
zwischen dem göttlichen Aspekt und - zwecks Berechenbarkeit -
der Stofflichkeit der Planeten.
Diese Planetentheorie hatte allerdings einen entscheidenden Nachteil: sie konnte die Positionen
der Planeten nicht genau bestimmen. Ein Grundsatz war, daß sich
die Planeten mit gleichförmiger Geschwindigkeit in genau
kreisförmigen Bahnen bewegten. Um, ohne gegen diesen
Grundsatz zu verstoßen, die Theorie mit der beobachteten
Wirklichkeit überein zu bringen, schachtelte man Kreise auf
Kreise: ein Planet lief nicht nur auf einer Kreisbahn um die Erde,
sondern um den gedacht gleichmäßig bewegten Punkt auf
dieser Bahn bewegte sich der Planet in einem kleineren Kreis - einer
Epizykel. Dadurch konnte man die Schleifenbewegungen der
Planeten erklären.
Doch es gab auch andere Modelle. Im hellenistischen Griechenland entwarf Aristarchos von Samos das
Heliozentrische Planetenmodell: die Planeten einschließlich
der Erde umkreisen die Sonne, der Mond als einziger die Erde. Auch
die Entfernung des Mondes und die Größe der Erde wurden
mit guter Genauigkeit bestimmt. Obwohl diese Theorie den Lauf der
Planeten besser erklärte, setzte sie sich nicht durch. Die alte,
Geozentrische Theorie behielt die Oberhand. In am besten
ausgearbeiteter Form hielt sie Claudius Ptolemäus etwa im
Jahre 140 n. Chr. fest. Die Araber, die während des Mittelalters
das abendländische Wissen erhielten und überlieferten ( das
Abendland hatte gerade anderes zu tun, und sowieso stand alles in der
Bibel ) nannten sein Buch "Das Größte Buch" oder
"Al Magistos"; daraus wurde der Titel Almagest.
Diese Theorie übernahm auch das christliche Abendland, nachdem
die Vorstellung der Erde als flacher Scheibe endlich überwunden
worden war.
Mit Beginn der Überseeschiffahrt traten die Ungenauigkeiten des Systems wiederum schmerzlich hervor.
Vor Erfindung der Uhren waren die Gestirne die einzige Möglichkeit,
die Zeit und damit den Standort zu bestimmen. So wurde ein
Planetenmodell wieder hervorgekramt, in dem zwar nach wie vor die
Erde im Mittelpunkt stand, Merkur und Venus aber nicht um sie,
sondern um die Sonne kreisten. Den Schritt zum heliozentrischen
System wagte erst der Domherr Nikolaus Kopernikus (1473-1543).
Um die Unvereinbarkeit seines Modells mit der Vorstellung der Kirche
wohl wissend, zögerte er die Herausgabe seines Buches De
revolutionibus orbium coelestium immer wieder heraus; das erste
Exemplar erhielt er schließlich auf seinem Totenbett.
Wenn auch die Theorie des Kopernikus noch daran krankte, daß sie an der Kreisbewegung und er
gleichförmigen Geschwindigkeit festhielt, so viel sie doch auf
fruchtbaren Boden. Zudem wurden Instrumente entwickelt, die die
Bewegungen der Planeten genauer als je zuvor bestimmen konnten. Diese
Messungen von Tycho de Brahe benutzte Johannes
Kepler(1571-1630), um die Theorie des Kopernikus entscheidend zu
verbessern. Im Laufe von drei Jahrzehnten formulierte Kepler die nach
ihm benannten drei Gesetze:
- Die Planeten bewegen sich auf einer elliptischen Bahn, in deren einem Brennpunkt die Sonne steht.
- Der Verbindungsstrahl zwischen dem Planeten und der Sonne überstreicht in gleichen Zeiten gleiche Flächen.
- Die Quadrate der Entfernungen der Planeten zur Sonne verhalten sich wie die Kuben ihrer Umlaufzeiten.
Kepler war der erste, der versuchte, das Geschehen am Himmel auf physikalische Wirkungen
zurückzuführen. Letztlich gelang das erst Sir Isaac Newton (1643-1727) mit
seiner Gravitationstheorie, die eine Erklärung für die
keplerschen Gesetze lieferte (obwohl sie aus diesen Gesetzen gewachsen war).
Unser heutiges Bild vom Sonnensystem ist grundsätzlich noch dasjenige, das Newton entwarf. Die
Allgemeine Relativitätstheorie Albert Einsteins hat für den Normalgebrauch allenfalls kosmetische Korrekturen gebracht.
Nächste Folge: Die Sicht der Dinge
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